Das Schweineschlachten
In unser ländlich geprägtes Leben, das auf Selbstversorgung aufbaute, gab es, übers Jahr verteilt, eine natürliche Abfolge der zu leistenden Aufgaben. Die letzte große Aufgabe des Jahres war das Schweineschlachten.
Da es keine Kühlmöglichkeiten gab, lebte man „gezwungenermaßen“ im Einklang mit der Natur. Die Vorweihnachtszeit mit ihren niedrigen Temperaturen war für die Verarbeitung von Fleisch sehr geeignet.
Obwohl das Schweineschlachten mit sehr viel Arbeit verbunden war, wurde es als etwas ganz Aufregendes empfunden. Die Familie war vereint, die vielfältigen Aufgaben wurden auf Jung und Alt verteilt und dem Schnaps und Weine war man nicht abgeneigt. Es war schlicht und einfach ein Fest.
Vergleicht man das handwerkliche Vorgehen und die zur Verfügung stehenden Mittel von damals mit heute, lässt sich schnell die damalige Mühsal feststellen. So empfunden wurde es aber nicht.
Aus ökologischer Sicht war man der heutigen modernen „Plastikwelt“ in allen Facetten überlegen. Im Nachhinein ist uns, die diesen einfachen, natürlichen Lebensstil noch kennengelernt haben, sehr schmerzlich bewusst geworden, dass wir, animiert vom Glitzer und den Verlockungen des vermeintlich „modernen Lebens“, die alten nachhaltigen Fähigkeiten zur Sicherung unserer Existenz freiwillig aufgegeben haben.
Hinweis zur Lesbarkeit
Im nachfolgenden Text werden manche Wörter im Dialekt geschriebenen. Diese Wörter beinhalten Sonderzeichen aus der IPA Lautschrift.
Das Sonderzeichen „ɘ“ wird ähnlich dem im Deutschen unbetonten „e“ ausgesprochen.
Beispiel: Mutter = Muttɘr oder Schleier = Schleiɘr
Die Schweine
Es gab zwei Möglichkeiten an schlachtreife Schweine zu kommen:
- Man kaufte im Frühjahr die Ferkel auf dem Schweinemarkt in Neuarad. Im eigenen kleinen Schweinestall, der im hinteren Teil des Anwesens, im sogenannten Hühnerhof lag, wurden sie mit Weizenkleie, Kartoffel, Garten- und Küchenabfällen gefüttert. Ab Oktober wurden sie mit Mais und Maismehl gefüttert. Dadurch bekam das Fleisch in Aussehen und Geschmack eine ganz besondere Qualität.
- Oder man kaufte im Dezember ein fertig gemästetes Schwein und ließ es vom Züchter per Pferdewagen nach Hause bringen. Da der Preis des Schweines pro Kilo Lebendgewicht berechnet wurde, konnte es zuweilen passieren, dass das Schwein mit sehr vollem Darm und Magen verkauft wurde.
Noch eine Stufe unehrlicher war es, wenn beim Schlachten festgestellt wurde, dass die Sau trächtig war.
Gängige Schweinerassen waren das „Deutsche“ (Deutsche Landrasse), das „York“ (Amerikanisches Yorkshire) und ein vom Volksmund als „Gekreuztes“ genannte Schweinerasse.
Nach dem 2. Weltkrieg zwar seltener, aber bei Bedarf vorhanden war das alte Mangalica-Schwein, eine Rasse, die später für lange Zeit aufgrund ihres hohen Fettanteils verschmäht wurde. Heute ist das Fleisch dieses Schweines nur für viel Geld zu bekommen.
Die Schweinezüchter
In unserer Gemeinde als auch in der Nachbargemeinde Neuarad, gab es nach dem 2. Weltkrieg keine deutschen Schweinezüchter. In Neuarad, unter den „Kolonisten“ (Rumänen, die nach dem 1. Weltkrieg angesiedelt wurden) gab es ein paar Schweinezüchter, zu denen die Deutschen ein gutes Vertrauensverhältnis aufgebaut hatten. Bei den Züchtern, die aus den umliegenden Dörfern kamen, musste man sehr vorsichtig sein, da es noch keine Geld-zurück-Garantie gab.
Die Preise
Der Preis für ein fünf bis sechs Wochen altes Ferkel, lag in den 1960er-Jahren zwischen 300,- und 400,- Lei.
Der Kilopreis für das ausgewachsene Schwein, lag in den 1960er-Jahren zwischen 15,- und 20,- Lei. Da beim Schlachten des Schweines ca. 10 % Abfall war, war der tatsächliche Fleischpreis entsprechend höher.
Je nach Fütterung wurden die Schweine nach ca. 11 Monaten Fütterungszeit, zwischen 100 und 160 kg schwer.
Die Kastration
Die Eber wurden im Alter von ca. 4 bis 5 Monaten kastriert. Dazu kam ein Tierarzt oder Tierveterinär ins Haus und entfernte, ohne irgendwelche Anästhesie, den Ebern die Hoden.
Veterinärkontrollen
Gab es nicht. Es galt die Annahme, dass ein gesundes lebendes Schwein, auch nach dem Schlachten gesund sei.
Das Endprodukt
So gut wie alles vom Schwein wurde verwertet. Da es keine Kühlräume oder Kühltruhen gab, wurde das Fleisch zu Produkten verarbeitet, die haltbar gemacht werden konnten. Haltbarkeit wurde mittels Salzen, Räuchern und Lufttrocknung erreicht.
So gab es am Ende nur Geselchtes: diverse Wurstsorten, Schinken und Speck.
Der Schlachttermin
Geschlachtet wurde meistens sonntags, weil es der einzige freie Tag der Woche war. Da das fürs Schlachten geeignete Zeitfenster ziemlich begrenzt war, mussten die Schlachttermine in den Familien und falls nötig mit dem Schlachter koordiniert werden.
Mussten gewisse Schlachtutensilien wie Brühmulde, Brühketten, Schabglocken und Fleischgalgen ausgeliehen werden, galt auch das zu koordinieren.
Die Vorbereitungen
Die Messer mussten geschliffen werden. Erledigt wurde diese Arbeit meistens von einem Erwachsenen, dem Schleifer und einem Kind, das die Kurbel des Wasser-Schleifsteins bediente. Keine besonders schwere Kinderarbeit, aber auch nicht gerade spannend.
Gewürze und Zutaten mussten besorgt werden: Salz, Pfeffer, gemahlene rote Paprika (süß und scharf), Majoran und Piment (Neugewürz). Am Vorabend des Schlachttages wurden Knoblauch und Zwiebel geschält.
Für Haushalte, die sehr viel Bratwurst machten, mussten Dünndärme hinzugekauft werden, da der Dünndarm des Schweines nicht ausreichte. Für zusätzliche Leberwürste wurde meistens ein dünner Darm vom Rind hinzugekauft.
Wer durfte Schlachten?
Jeder, es gab keine Einschränkungen. Im Krieg und in der Deportationszeit haben die zurückgebliebenen Frauen selbst geschlachtet. In normalen Zeiten war die Rolle des Schlachters vom Mann besetzt.
Es gab aber auch die „professionellen“ Schlachter, die zum Schlachten bestellt werden mussten. Das waren keine gelernte Metzger, sondern Leute bei denen das Wissen in den Familien weitergereicht wurde. Vielfach wurde dieses Handwerk von den im Winter arbeitslosen Maurern ausgeübt.
Wie wurde geschlachtet?
Sehr grausam und brutal. Ohne eine für die arme Kreatur schmerzlindernden Maßnahme, wie z.B. hierzulande der „Bolzenschuss“ in den Kopf.
Das Schwein wurde von mehreren Männern aus dem Stall gezerrt und im Hof auf die Seite gelegt. Der Schlachter stieß sein „Stechmesser“ im Halsbereich durch die Kinnbacke und schnitt die Halsschlagader auf. Das Tier starb letztlich einen sehr langsamen Tod durch Ausbluten.
Ähnlich werden, aus religiösen Gründen, bei Juden und Muslimen die Tiere geschlachtet.
Vor Tagesanbruch wurde aufgestanden, um die letzten Vorbereitungen zu treffen, denn beim ersten Tageslicht wurde „Gestochen“.
Die Helfer, Groß und Klein, trafen allmählich ein. Während man auf das Kochen des Wassers im Kesselhaus wartete, wurde die Schnapsflasche herumgereicht. Traditionell wurde aus der Flasche getrunken. Der Überlieferung nach, manchmal zu viel …
Langsam siegte der Tag über die Nacht und es kam hektische Betriebsamkeit auf. Die Männer holten das Schwein aus dem Stall und zerrten es zu Boden. Während die Helfer auf dem Schwein kniend das Tier fixierten, durchtrennte der Schlachter die Halsschlagader des Schweines. Das Schwein schrie und die Frauen hielten unterhalb der Stichwunde die Schüsseln, um das Blut aufzufangen. Das Blut musste dabei zügig gerührt werden, damit es nicht gerinnen konnte.
Den Schwanz halten
Die Kinder durften beim Stechen auch dabei sein: Von den Erwachsenen dazu animiert, mussten sie den Schwanz des Schweines halten. Denn während das Schwein seinen Lebenshauch ausatmete, leerte es seinen Darm und belohnte das mutige Kind, indem es ihm einen Geldschein (1 LEU) mit ausschied.
Das Abbrühen
Sobald das Schwein sein Leben ausgehaucht hatte, wurde es in die Brühmulde gezogen. Darin lagen schon die Eisenketten, damit das Schwein um seine Längsachse gedreht werden konnte.
In Eimern wurde das heiße Wasser schnell herbeigebracht und über das Schwein gegossen. Begonnen wurde am Rücken, weil da die größten und dicksten Borsten waren. Mit den Ketten, von zwei kräftigen Männern bedient, wurde das Schwein leicht angehoben und langsam gedreht. Ziel war es, alle Körperstellen mit heißem Wasser abzubrühen, damit die Borsten mittels der Schabglocken leicht entfernt werden konnten.
Damit die Klauen sich mit dem Haken der Schabglocken entfernen ließen, wurden sie extra mit heißem Wasser übergossen.
Essenziell beim Brühen war allerdings, dass das Wasser nicht kochend heiß war, sonst wurde die Schwarte verbrüht und konnte schlecht verarbeitet werden. Daher wurde dem aus dem Kessel geschöpften Wasser meistens etwas kaltes Wasser hinzugefügt.
Die Endreinigung/Rasur
War das Schwein von seinen Borsten größtenteils befreit, wurde es aus der Brühmulde gezogen und auf ein paar Bretter oder eine Türe (i. d. R. Stalltüre) gelegt. Jetzt wurde es rasiert. Mit scharfen Messern wurde der Rest der noch vorhandenen Borsten entfernt. Sehr aufwendig war die Reinigung des Kopfes und der Füße.
In späteren Jahren wurden die letzten Borsten zusätzlich mit einem Gasbrenner abgefackelt.
Der Fleischgalgen
An den Sehnen der Hinterfüße wurde das Schwein auf den Fleischgalgen aufgehängt. Der Fleischgalgen bestand meistens aus drei Balken. Die vorderen zwei waren mit der Fleischhaken-Stange fest verbunden. Mit dem hinteren Balken konnte man den Galgen aufrichten. An die größeren Fleischgalgen, die aus vier Balken/Füßen bestanden, konnte man zwei Schweine gleichzeitig aufhängen.
Das Zerlegen des Schweines
Als Erstes wurde der Kopf abgetrennt. Begonnen an der Einstichstelle am Hals wurde der Schnitt weitergeführt, bis der Kopf vom Rumpf getrennt war.
Durch vorsichtige Schnitte wurde der Bauch geöffnet, um die Innereien des Schweines zu entfernen. Das Zerlegen und Trennen der Därme waren dann Frauenarbeit. Solche Arbeiten mussten immer in der warmen Stube, meistens in der Sommerküche, stattfinden.
Alles, was später mit etwas gefüllt werden konnte, also der Dickdarm (Leber- und Blutwurst), der Dünndarm (Bratwurst) sowie Magen, Blase und Engkeil (Schwartenmagen) gingen zum Reinigen.
Der Rest der Innereien, Leber (ohne Galle), Milz, Herz, Nieren und Lunge kamen zum Kochen ins Kesselhaus.
Das Schwein wurde zwar in zwei Hälften zerlegt, aber ohne die Wirbelsäule mittig zu trennen. Das „Ruckmasl“ wurde als Ganzes weiterverarbeitet. Mehr dazu aber später.
Auf dem „Transchiertisch“ wurde festgelegt, wofür das Fleisch und das Fett verwendet werden soll. Wollte man alle Schinken behalten, so gab es weniger Fleisch für die Bratwurst. Wollte man mehr Schmalz haben, da ja früher mit Schmalz anstatt Öl gekocht wurde, gab es weniger Speck.
Wie überall, die Hausherrin bestimmte das „Was“ und der Schlachter setzte es um.
Das Abschwarten
Das Fett, das nicht zu Speck werden sollte, wurde in Streifen geschnitten und von der Schwarte getrennt. Die Schwarten kamen, gekocht natürlich, in den Schwartenmagen und aus dem Fett wurden, in einem separaten Arbeitsgang, dem „Schmalzauslassen“, die Grieben.
Das Zerschneiden des Fettes zur Griebengröße (Kramlschneide), war eine von Kindern gern gemachte Arbeit.
Das Reinigen der Innereien
Dick- und Dünndarm werden erstmals von den Exkrementen gereinigt. Mit einem Holzschaber wurde die Schleimhaut von der Darmwand abgeschabt. (Schlaiser…) Diese Arbeit wurde in vielen Häusern von Oma oder Opa erledigt. Oftmals mit unterstützender Hilfe von Kindern, die für das „Wasserschütten“ zuständig waren. In den Darm, den Oma oder Opa geöffnet hielten, wurde, zwecks Reinigung, mit einer Gießkanne Wasser eingefüllt.
War das Gedärm gereinigt, wurde es bis zur Verwendung in Schüsseln mit Wasser und Zwiebeln eingelegt. Die Zwiebeln neutralisierten den Exkrementen-Duft des Darmes.
Das war keine schwere Tätigkeit, aber bei ordentlicher Kälte im Freien mit Wasser zu hantieren ist nicht gerade angenehm. Und was noch hinzukam, so manch feine Nase hatte damit ein Problem: Es stank….
Magen und Blase
Die normale Größe von Magen und Blase reichte nicht aus, um viel Schwartenmagenmasse in sie reinzubekommen. Daher mussten sie vergrößert werden. In den meisten Häusern war das die Königsdisziplin für die Kinder.
Und das ging so: In die Öffnung von Magen und Blase wurde ein „Federkiel“ geschoben und Luft rein geblasen. Durch Massieren wurde die Haut gedehnt und dadurch im Volumen größer. War die gewünschte Größe erreicht, wurde bei der Blase der Zugang abgebunden, damit die Luft nicht entweichen konnte und bis zur Verwendung zum Trocknen aufgehängt. Der Magen kam zum Kochen ins Kesselhaus.
Das Kesselfleisch
Für die weitere Verarbeitung zu Leber-, Blutwurst und Schwartenmagen wurden der Kopf, Schwanz, Schwarten und die Innereien im Kesselhaus gekocht. Einzig die Leber bedurfte besonderer Aufmerksamkeit. Sie musste nach ca. 10 bis 15 Minuten Kochzeit wieder aus dem Kessel entfernt werden, da sie sonst zu hart geworden wäre.
Die Füße wurden später zu Sülzen verarbeitet und wurden jetzt nicht gekocht.
Das Mittagessen
Gegen Mittag war das Kesselfleisch weich gekocht und so wurde erstmals vom geschlachteten Schwein probiert. Nur eine Kleinigkeit, denn der große Hunger wurde für den Abend aufgehoben. Mittags gab’s dann eben das Kesselfleisch mit Brot und „Saures“. Saures: saure Gurken oder Rote Bete. Eine weitere Kleinigkeit war z.B. so eine Art Lebergeschnetzeltes. Mit viel Zwiebel wurde die zerkleinerte Leber angebraten. Gegessen wurde es mit selbst gemachtem Brot und wiederum dem „Sauren“: sehr fein.
Das Kesselhaus
Ursprünglich eine gemauerte Herdstelle mit einem großen eingelassenen Kupferkessel. Verwendung fand das Kesselhaus nicht nur beim Schlachten, sondern auch beim Wäschewaschen, Obst einmachen, Marmelade oder Seife kochen.
Das richtige Feuer im Kesselhaus zu entfachen, war eine Disziplin für sich und befand sich meistens in der Verantwortung der Opas.
Beim Kochen der Leberwurst, Blutwurst und des Schwartenmagens waren größte Vorsicht geboten. Ein zu starkes Kochen ließ nämlich die Würste platzen. Da zu jener Zeit noch keine Thermometer benutzt wurden, war es reinste Erfahrungssache.
Weil sich beim Kochen die Masse in den Leberwürsten und im Schwartenmagen ausdehnte, war die Gefahr des Platzens des Darmes sehr groß. Daher wurde die Wurst regelmäßig mit einer Nadel angestochen, damit der Überdruck in Form von Luft und Flüssigkeit entweichen konnte.
Die Bratwurst
Das Fleisch wurde in kleine Stücke geschnitten und mit dem kleinen Fleischwolf aus der Küche der Hausfrau gemahlen. Je nach Menge konnte das die reinste Schwerstarbeit sein. Oftmals, wenn die Möglichkeit bestand, wechselten sich die Männer bei dieser Arbeit ab.
Das gemahlene Fleisch wurde dann, wiederum von Hand, in einer Blechmulde mit den Gewürzen vermengt. Eine sehr schweißtreibende und von Männern besetzte Tätigkeit.
War die Bratwurstmasse gut durchgeknetet, ging es ans „Spritzen“. Mit der Wurstspritze wurde der Dünndarm in voller Länge mit Wurstmasse gefüllt. Danach wurden die Wurstpaare gebildet.
Die Leberwurst
Teile des weich gekochten Kesselfleisches, Schwarten, Lunge, Milz, Teile vom Kopf und etwas Leber wurden unter Benutzung einer grob gelochten Scheibe durch den Fleischwolf gedreht. Nach dem Vermengen mit dem Gewürz, wurde die weiche, warme Masse mittels eines Trichters in die dafür vorgesehenen Dickdärme gefüllt. Die Enden wurden mit einem dicken Faden abgebunden.
Anschließend wurden die Würste für ca. 50 Minuten im Kesselhaus bei nicht zu starkem Feuer gekocht.
Der Schwartenmagen
Das weich gekochte Kesselfleisch, Schwarten, Nieren, Zunge, Teile vom Kopf und etwas Speck wurden in schmalen Streifen geschnitten und mit Blut und Gewürzen vermengt.
Nach dem Befüllen des Magens und der Blase wurden deren Öffnungen mittels kleiner Holzstäbe und einem dicken Faden abgebunden.
Bei schwachem Feuer wurde der Schwartenmagen im Kesselhaus für ca. 1,5 bis 2 Stunden gekocht. Zum Auskühlen wurde der Schwartenmagen auf ein Brett oder Platte gelegt und mit einem Gewicht gepresst.
Die Schinkenvorlage
Ein Muster, Modell oder eine Vorlage zum Gestalten des Schinkens gab es nicht. Der Begriff wurde aber zum Veralbern von i.d.R. jungen, unerfahrenen Menschen benutzt.
Bevor der Schlachter die Schinken zuschnitt, verlangte er nach einem „Schungɘmoudl“. Da es diesbezüglich unter den Anwesenden nicht viele ahnungslose gab, musste eine junge Person herhalten. Das Opfer bekam den Auftrag, bei einem Nachbarn das „Schungɘmoudl“ zu holen. Gesagt, getan. Der Nachbar ging in den Schuppen und brachte einen Jutesack mit schwerem Inhalt, den der Bote heimschleppen musste. Zu Hause grinsten sie alle während der Schlachter den Inhalt des Jutesacks ausleerte. Es waren Ziegelsteine.
Das Einsalzen
Fertig zugeschnitten legte man Schinken, Speck und das „Ruckmasl“ in einen Holzbottich mit Salz. Verwendet wurde dafür ein etwas gröberes Kochsalz. Pökelsalz wurde traditionell nicht verwendet.
Unter ständigem Wenden lag der Speck ca. 3 bis 4 Wochen im Salz, der Schinken bis zu 6 Wochen.
Nach dem Räuchern wurde der Schinken mit Pfeffer und gemahlener roter Paprika eingerieben. Das schützte den Schinken gegen den Befall durch Fliegenmaden.
Grieben und Schmalz
Das „Schmalzauslassen“ war einer der letzten Arbeitsgänge des Tages. Die gewürfelten Speckstücke wurden im Kesselhaus erhitzt bis sie eine goldbraune Färbung hatten und im Fett schwammen.
Nach dem Auskühlen wurden die Grieben in große Einmachgläser abgefüllt und mit einem luftdurchlässigen Tuch abgedeckt.
Das Schmalz wurde in extra dafür vorhandene emaillierte Töpfe gegossen.
Das Räuchern
So gut wie alle Häuser hatten eine Räucherkammer. Bei den alten Siedler-Häusern gab es i. d. R. einen Raum, genannt „Kammer“. In diesem Raum gab es die Räucherkammer, die Speis (Abstellkammer), den Aufgang zum Dachboden und den Abgang in den Keller.
Die Räucherkammer wurde vom Backofen aus bedient. Unten im Backofen war die Feuerstelle und darüber war der Rauchfang. Da mit kaltem Rauch geräuchert wurde, war der große Abstand zwischen Feuerstelle und dem zu räuchernden Fleisch ideal.
Die Wurstsuppe
Nicht in allen Häusern wurde die Wurstsuppe gegessen. In solchen Fällen wurde sie an arme Leute, oftmals Zigeuner, verschenkt.
Die Abfälle
Alle organischen Schlachtabfälle wurden später unter Hinzufügen von Laugenstein zu Kernseife verkocht. Ein ideales Waschmittel, das zum Wäschewaschen benutzt wurde. In manchen Häusern wurden die Abfälle an die vom Schreien des Schweines angelockten Zigeuner verschenkt, die ihrerseits dann daraus die Seife kochten.
Somit schließt sich der Kreis in der Verwertung des Schweines.
Das Abendessen
Die Arbeit ist getan und die Köchin, i. d. R. die Hausfrau, hat Feines aufgetischt. Da von Haus zu Haus die Essgewohnheiten sehr unterschiedlich waren, hier eine allgemeine traditionelle Speisekarte:
Speisen: gebratene Bratwurst, gebratenes Fleisch, Krautgulasch
Nachtisch: Schmerkipfel
Getränke: vor dem Essen Schnaps und danach Wein. Eigener Wein.
Sautanz oder Wurstsingen
Tagsüber kam Besuch von Freunden oder Nachbarn. Reinste Routine und Höflichkeit könnte man meinen. Man trank einen Schnaps oder ein Glas Wein, erkundigte sich nach dem Gewicht des Schweines „Wie schweah woasɘ denn?“ (Wie schwer war sie denn?) und ging. Aber nur um zum Abendessen wieder zu erscheinen. Der Besucher hatte nämlich, etwas vom geschlachteten Schwein mitgehen lassen.
Sobald die Zeit für das Abendessen nahte, wurde das Diebesgut von den reuigen Dieben, singend zurückgebracht. Als Belohnung für die Rückgabe des Diebesguts wurden der oder die Besucher zu Tisch gebeten. Von diesem Zeremoniell, stammen wahrscheinlich die Begriffe „Sautanz“ und „Woaschtsingɘ“.
Die Frage des Abends aber war: „Un, wie issɘ?“ (Und, wie ist sie…?), gemeint war die Bratwurst. Es war selbstredend und ein Gebot der Höflichkeit, dass der Besuch voll des Lobes auf die Bratwurst war, obwohl sie manchmal, aber nur manchmal, etwas versalzen war.
Je länger der Abend, umso besser die Wurst, der Schnaps und der Wein.
Bratwurst
Zutaten für 10 Kg Fleisch.
Fleisch: Vom Vorderschinken und Bauch
Pfeffer: 1-3 Esslöffel
Rote Paprika (Süss): 200-300 g
Knoblauch: 2-3 Köpfe
Salz: 18-20 g
Optional
Majoran: 8-10 Esslöffel
Kümmel: 1 Löffel (gemahlen)
Hochdeutsch | Dialekt | Beschreibung |
---|---|---|
Abschwarten | Abschwoadln | Das Fett von der Schwarte trennen |
Behältnis für das Schmalz | Schmalztesn | |
Blase | Prunzploudɘn | |
Bratwurst | Proudwuɘscht | |
Brühmulde | Priehmuldɘ oder Priehtrouch | |
Darm abschaben | Tearɘm schleisɘ | Das Entfernen der Schleimhaut beim Dünndarm |
Darm / Därme | Toarɘm / Tearɘm | |
dicker Faden | Spochɘt, Spogout | |
Eber | Ewɘ | |
Eingemachtes | Saurɘs | |
Einmachglas | Dunstobstklaas | |
Entbeinen | Auspahndln | Das Fleisch vom Knochen trennen |
Ferkel | Gutzl | |
Fleischgalgen | Fleischreihmɘ | |
Fleischhaken | Fleischhoukɘ | |
Fleischmühle | Fleischmiehl | |
Flomen | Schmeah | |
Füße | Fies | |
Galle | Gall | |
Gewürz | Kwiɘz | |
Grieben | Kraml | |
Holzbottich | Schaffl | |
Holzstäbchen zum Abbinden des Schwartenmagens | Spaandl, Holzspieß | |
Hühnerhof | Hehnɘhof | |
Kipferl aus Flomen | Schmeahkipfl | |
Klauen | Klouwɘ | |
Kleine Kartoffel | Schweinskrumbiɘn | Zum Füttern der Schweine |
Knoblauch | Knoufl | |
Kotelett | Karmɘnadl | |
Leber | Lewɘ | |
Leberwurst | Leverwuɘscht | |
Magen | Maachɘ | |
Mais, Maismehl | Kukrutz, Kukruzschrout | |
Majoran | Margɘrou | |
Noch säugendes kleines Ferkel | Tudlschweindl | Noch an der Zitze Sau saugendes Ferkel |
Piment | Naikwiɘz | Neugewürz |
Räuchern | Rauchɘ, Selchɘ | |
Schinken | Schungɘ | |
Schinkenmuster oder Vorlage | Schungɘmoudl | Gibt es nicht. |
Schleifstein | Schleifstaan | |
Schmalzherstellung | Schmalzauslossɘ | Durch Erhitzen des Fettes, entstehen Grieben und flüssiges Schmalz |
Schmalztopf | Schmalzteisɘ - Schmalzteisn | |
Schwarte | Schwoadɘ | |
Schwartenmagen | Schwoadlmaachɘ | |
Schweinchen | Schweindl | |
Schweinefutter | Trank | Gekochte Weizenkleie, unter Beigabe von altem Brot oder Kartoffeln. Eine flüssige Mahlzeit |
Schweinemarkt | Schweinmoarik | |
Schweinestall | Schweinstall | |
Seife | Saafɘ | |
Sülze | Sulz | |
Trächtig | Traachɘd | |
Trocknen | Trigln | |
Weizenkleie | Fußmehl | |
Wirbelsäule | Ruckmasl | |
Wurstspritze | Wuɘschtspritzɘ | |
Wurstsuppe | Kesslsupɘ | |
Zerlegen | Trantschiɘn | |
Zwiebel | Zwiefl |
Entfernen der Borsten mit einem Gasbrenner
Von links nach rechts: Porsche Johann, Porsche Magdalena geb. Schragner, ?, ?, ?, Trica Traian, Hantig Marlene
Von links nach rechts: ?, Hantig Marlene, ?, ?, ?, Porsche Magdalena geb. Schragner, Porsche Johann, Trica Traian