Das musikalische Leben
Die musikalische Entwicklung in Kleinsanktnikolaus war etwas anders als bei unseren Nachbargemeinden. Wir hatten keine Bläsertradition und daher keine Blaskapelle wie die anderen Gemeinden. Deshalb waren wir z.B. bei Beerdigungen auf das bläserische Können der Neuarader angewiesen.
Salonmusik
Punktuell wurde in Kleinsanktnikolaus schon musiziert, aber nicht in der böhmisch-mährischen Tradition, sondern eher im Stile der Salon- und Kaffeehausmusik. Gemäß ihrem etwas städtisch wirkenden Habitus empfanden sich die Kleinsanktnikolauser, im Gegensatz zu den Nachbargemeinden, als mondän (hearrisch). So war dann auch ihre Musik. Sie nannten Ihre vom Orchester „Porsche Janni & Co.“ dargebrachte Musik deshalb „Schrammelmusik“. Das war nicht korrekt. Es war Tanzmusik der 20er. 30er und 40er-Jahre, aber keine Musik im Stile der Wiener Schrammel-Brüder.
Vor dem II Weltkrieg
Zum musikalischen Leben vor dem Zweiten Weltkrieg haben wir noch keine Informationen gefunden. Da aber in allen Gasthäusern zum Tanz aufgespielt wurde, muss es eine rege Salonmusik-Szene gegeben haben. Kaum zu glauben, dass die Musiker alles Auswärtige waren.
Nach dem II Weltkrieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in den 50er-Jahren einen musikalischen Höhepunkt. Ein kleines Orchester unter der Leitung von Porsche Johann (Janni) musizierte sich mit seiner Tanzmusik in die Herzen der Zuhörer. Das Repertoire bestand aus den Hits und Ohrwürmern der Zeit von 1920 bis 1950. Dieses kleine Salonorchester wurde mit seiner Musik unvergesslich. Für unsere älteren Generationen verkörpert jene Musik die große Zeit ihrer Jugend.
Die musikalische Ausbildung
Das Erlernen eines Instrumentes war immer Privatangelegenheit. Da es einen steuernden Musikverein, mit entsprechender instrumentaler Vielfalt nicht gab, wurde meistens jenes Instrument erlernt, das gerade in Mode war. Und in Mode war, zumindest in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg, das Akkordeon. Dafür gab es auch Lehrer aus Neuarad, die den Unterricht übernahmen.
Eine weitere Möglichkeit ein Instrument zu erlernen bot in Arad die Volksschule für Kunst (Şcoala populară de artă). Hier wurde umfassend und professionell unterrichtet. Nicht nur das Handwerkliche am Instrument, sondern auch Musikgeschichte und Gehörbildung. An dieser Schule unterrichteten auch deutsche Lehrer. Der Unterricht an dieser Schule war kostenlos.
Salonorchester Porsche Johann (Janni)
Instrument | Name | Spitzname | |
---|---|---|---|
Saxophon: | Porsche Janni | Kredl | * 26.12.1926 † 22.06.2006 |
Geige & Gesang: | Reinhard Victor | Vico Torriani | |
Akkordeon: | Ursprünglich: Schimeck Richard Später (auf dem Bild): Hess Hans |
Gebürtiger Wiener Gebürtiger Neuarader |
|
Schlagzeug: | Hartmann Janni | Wenk | * 09.03.1930 † 20.08.1991 |
Das Foto wurde im Hofe des ehemaligen Gasthauses Schmidt (Cămin) gemacht.
Rechts im Bild, stehend: Schmidt Nikolaus
Nr. 2
Posaune: Possler Johann
Akkordeon: Porsche Janni
Schlagzeug: Hartmann Janni
Akkordeon: Schimeck Richard
Saxofon: Webler Stefan
Violine: Reinhard Victor
Nr. 3
Klarinette: Porsche Janni
Akkordeon: Walter Stolz
Schlagzeug: Borell Mischi
Akkordeon: Schimeck Richard
Violine: Reinhard Victor
Saxophon: Webler Stefan
Nr. 4
Vlnr vorne:
Posaune: Possler Johann
Trompete: Leimbacher Johann
Violine: Reinhard Victor
Der kleine Junge ist unbekannt
Akkordeon: Hayer Peter
Akkordeon: Walter Stolz
Vlnr hinten:
Saxophon: Porsche Janni
Trommel: Hartmann Janni
Akkordeon: Schimeck Richard
Die Akkordeon Ära
Vor und während des 2. Weltkrieges war das Akkordeon als Musikinstrument zwar schon vorhanden, aber für die meisten Leute unerschwinglich.
Bei den KdF-Veranstaltungen (Kraft durch Freude) der Deutschen Wehrmacht kam regelmäßig das Akkordeon zum Einsatz, was sehr stark zur Verbreitung dieses Instrumentes beitrug.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Akkordeon ein modisches und erschwingliches Volksinstrument. Melodie und Harmonie in einem, das kann keine Trompete oder Klarinette. Somit war das Akkordeon (Handorgel, Schifferklavier) bestens für die geselligen Stunden geeignet. Es konnte ein voller Ersatz für ein Orchester sein.
Die Lehrer/in
Viele Jahrgänge wurden anfänglich von Georg Teichert aus Sigmundhausen, später von seiner Schülerin Hermine Jakob geb. Szokob aus Neuarad wohnhaft in „Tea ahni Reih“ (Der einen Reihe) unterrichtet.
Ein weiterer Akkordeonlehrer war Nikolaus Bartl ebenfalls aus Neuarad.
Der Unterricht
Die Akkordeonschüler wurden zweimal pro Woche zu Hause unterrichtet. Ganzjährig, außer den Sommerferien, von Montag bis Samstag. Da sich der Akkordeonunterricht nach dem Stundenplan der Schulen richtete, war Planung und Organisation gefragt. Es war ein vertrautes Bild zu sehen, wie der Akkordeonlehrer oder die Lehrerin, bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad unterwegs zu Ihren Schülern waren.
In den großen Sommerferien gab es mehrere Vor- und Gruppenspiele, die abwechselnd bei verschiedenen Schülern stattfanden. Öffentliche Auftritte, gewissermaßen als Leistungsschau, gab es leider nicht.
Die Kosten
Der Unterricht wurde monatlich nach der Anzahl der gehaltenen Unterrichtstunden abgerechnet. Da sich eine sehr breite Schicht von Schüler diesen Unterricht leisten konnte, war der finanzielle Aufwand dafür nicht besonders groß. Kurzum mit Akkordeonunterricht konnte man nicht reich werden.
Zu den Unterrichtkosten kamen noch die Kosten für das Notenmaterial. Ein Notenheft mit diversen, handgeschriebenen, Stücken kostete ca. 30,- Lei.
Das Notenmaterial
Den Anfang machte eine „Akkordeon-Fibel“ die, auf welchen Wegen auch immer, aus Deutschland bezogen wurde. Mit dieser Fibel wurde den Schülern, neben dem Notenlesen, das musiktheoretische Grundgerüst beigebracht.
Sobald das theoretische Wissen ausreichte, ging es ans „richtige“ Spielen. Dazu gab es dann die handgeschriebenen Noten- oder Spielhefte. Die angebotene Literatur bestand i. d. R. aus traditioneller Musik wie Polka, Walzer und Märsche, aber auch aus deutschem Schlager. Foxtrott und Tango waren natürlich auch dabei. Dieses Notenmaterial bekam der Schüler von seinem Lehrer oder der Lehrerin.
War der Schüler in seinem Können schon fortgeschritten und besonders motiviert, begab er sich selbst auf die Suche nach neuem Notenmaterial. Zu kaufen gab es nichts. Da es noch keine Technik zum Kopieren gab, mussten alle aufgetriebenen Noten von Hand kopiert werden. Die besonders guten und schreibfaulen Schüler sparten sich das Kopieren und spielten alles auswendig.
Die Instrumente
Bis Ende der 40er-Jahre kannte man nur eine Akkordeon-Marke: Hohner. Diese Dominanz wurde in der kommunistischen Ära, durch günstigere Produkte zurückgedrängt.
Und trotzdem: wer es sich leisten konnte, legte sich eine Hohner zu. Da es die Hohner-Akkordeons nur unter der Hand gab, musste einem das Glück hold sein, um ein brauchbares Exemplar zu finden.
Groß im Rennen, weil im Musikalienladen erhältlich, waren die Weltmeister. Ein Arbeiter- und Bauern-Produkt aus der DDR. Das war gewissermaßen der Mittelklassewagen.
Das erschwinglichste Produkt war ein rumänisches Akkordeon der Marke „Hora“, das in Temeschwar produziert wurde. Für den Anfang einer Akkordeon-Karriere waren diese Teile gar nicht so schlecht.
Neben dem Akkordeon kam auch noch die Melodica zum Einsatz. Als ein Produkt der Fa. "VEB Klingenthaler Harmonikawerke" (Weltmeiser) war sie im Musikalienladen erhältlich.
Lehrerin: Hermine Jakob
Die Schüler aus Kleinsanktnikolaus:
Hohl Dieter, Teuber Willfried, Brischler Arnold, Kandler Dieter
Lehrerin: Hermine Jakob
Die Schülerinnen aus Kleinsanktnikolaus:
Stich Renate, Kilian Maria
Lehrerin: Hermine Jakob
Die Schüler aus Kleinsanktnikolaus:
Hohl Dieter, Hohl Richard, Wesser Franz
Lehrerin: Hermine Jakob
Die Schüler aus Kleinsanktnikolaus:
Toda Daniel, Ciupa Lucian, Kandler Dieter, Porsche Charlotte, Milovan Zoiţa, Negrău Mircea, Schuller Dieter, Jakob Ewald, Şiclovan Marius
Lehrer: Georg Teichert
Lehrer: Georg Teichert
Lehrer: Georg Teichert
Hermine Jakob geb. Szokob, wohnhaft in Neuarad in der Straße hinter der Konservenfabrik. Allgemein als „Tea ahni Reih“ (Die eine Reihe) bekannt. Diese Straße wie das Gelände der Konservenfabrik gehörten früher zur Gemarkung von Kleinsanktnikolaus.
Hermine Jakob und Ewald Jakob